Bridgekameras Sony Cybershot RX10 IV vs. Canon G3X [Kommentar]

Was sind Bridgekameras?

Bridgekameras gelten als Übergang zwischen Kompaktkameras und “hochwertigen” Kameras. Bridgekameras haben ein fest verbautes Objektiv und können oft einen großen Zoombereich abdecken. Die verfügbaren Modelle sind aber sehr überschaubar und der Markt offenbar nur klein. Ich habe zuletzt 2017 eine Bridgekamera im Antarktisurlaub benutzt.

Benutzer von Systemkameras rümpfen oft die Nase über Bridgekameras.

Warum nicht gleich eine Systemkamera?

Viele Fotos in dem Urlaub wären mit einer Kompaktkamera nicht möglich gewesen und bei einer Spiegelreflex hätte man dafür mehrere Objektive benötigt und deutlich mehr Gewicht mitschleppen müssen (die diversen anderen Nachteile wie Geräuschkulissen, Liveview lasse ich hier mal weg). Systemkameras waren zu der Zeit noch nicht ganz so relevant wie heute, bilden diesbezüglich aber keinen Unterschied zu Spiegelreflexkameras. Es gibt schlicht keine Objektive, die einen Zoombereich von 24-600mm abdecken, wie das bei Bridgekameras möglich ist.

Selbst 24-300mm oder 24-400mm gibt es so gut wie nicht (mir fällt gerade nur ein einziges ein und das dann auch nur für Micro Four Thirds – siehe weiter unten).

Desto größer der Sensor ist, desto größer werden auch die Objektive. Tendenziell haben größere Sensoren den Ruf mehr Bildqualität und weniger Rauschen gerade unter schwierigen Lichtbedingungen zu liefern. D.h. sowohl die Bridgekameras als auch die Systemkameras haben Vorteile und Nachteile.

Vorteile Bridekamera:
  • Universalisten (ein Objektiv), somit verpasst man auch keine Fotos, weil man das falsche Objektiv auf der Kamera hat, aber möglicherweise aus anderen Gründen (z.B. Autofokus / Lichtempfindlichkeit)
  • Deutlich leichter und kompakter
  • Teilweise günstiger
Vorteile Systemkamera:
  • Flexibler, die Qualität kann mit den jeweils optimalen Objektiven höher sein, besonders unter schwierigen Bedingungen
  • Deutlich mehr Auswahl von verschiedenen Kameras und Qualitätsstufen

Sony Cybershot RX10 IV vs. Canon G3X

Das soll kein ausgewachsener Test der beiden vorgenannten Kameras sein, davon gibt es bereits genug im Internet. Wenn man sich die Tests ansieht, ist das Fazit sehr eindeutig. Die Sony Cybershot RX10 IV gilt als deutlich bessere Kamera, da das Objektiv viel Lichtstärker ist und die Kamera zumindest aus dem Puffer in der Lage ist viel mehr Serienbilder zu schießen. So offensichtlich ist der Gewinner aber aus meiner Sicht nur auf dem Papier. Ich wäre vermutlich auf die Canon G3X als Vergleichskandidatin nicht aufmerksam geworden, wenn ich sie nicht 2017 im Urlaub schon besessen hätte

Sony Cybershot RX10 IV

Sony Cybershot RX10 IV

Positiv
  • Hochwertigere Linsen (mehr Lichtstärke)
  • Sehr hohe Bildrate (24 Bilder/Sekunde für 4,5 Sekunden in RAW bis 9,5 Sekunden in JPEG, dann aber nur noch magere 2,5 Bilder/Sekunde fortlaufend bzw. 1,4 Bilder/Sekunde bei JPEG + RAW)
  • Elektronischer Sucher
  • 4K Video (wobei das mittlerweile das Handy in der Regel besser kann und mit Zoom zittert man trotz Bildstabilisator, das macht aus meiner Sicht nur mit Stativ Sinn)
  • Elektronischer (mit all seinen Nachteilen) + Mechanischer Verschluss
Negativ
  • Kein ND Filter
  • Hohes Gewicht (ca. 450g und somit mehr als 50% mehr als die Canon)
  • Klobig im Verhältnis zur Canon
  • Sehr hoher Preis (1400 – 1700€ je nach Nachlässen und Aktionen)
  • Der Autofokus funktioniert eher durchschnittlich (abseits der Marketingzahlen kann der Autofokus im Teleende Sekunden dauern)
  • Kein dreh- und schwenkbares Display
  • Die Anleitung ist schlecht, die Bezeichnungen oft nicht sprechend. Canon hat auch sein Marketingtexte aber das ist noch deutlich verständlicher als das was Sony macht. Nur ein Beispiel: Das Wort “Bildstabilisator” kennt die Webanleitung nicht, Steadyshot schon (wir reden von der deutschen Anleitung). Die Beschreibung zu dem Punkt ist auch eher schlecht.

Canon G3X

Canon G3X

Positiv
  • Verhältnismäßig günstig erhältlich (375 – 500€ gebraucht mit einem Jahr Gewährleistung)
  • Gelungeneres Benutzerinterface
  • Die Kamera scheint besser gegen Verwackelungen gegensteuern zu können (in der Praxis sind die Fotos bei der Canon freihand häufiger nicht verwackelt)
  • Suchbutton an Objektiv (der ist wirklich sehr praktisch, wenn man mal versucht hat mit Maximalzoom einen Vogel zu treffen, der weiß diese Funktion zu schätzen, dabei wird schnell ein Stück (konfigurierbar) ausgezoomt, gleichzeitig aber das Fenster gezeigt das das gezoomt wird, wenn man den Button loslässt)
  • Größerer Schwenkbereich des Displays + Display leicht größer
Negativ
  • Keine direkte Anbringung von Filtern möglich (Adapter auf 67mm erhältlich).
  • Keine Streulichtblende enthalten (fairerweise muss man anmerken, dass die eh im Telebereich nicht viel bringt)
  • In RAW unbrauchbare Serienbildfunktion (<1 Bild pro Sekunde), in JPEG 7,6 bzw. 6 Bilder pro Sekunde (letzteres aber unendlich)
  • Der Autofokus funktioniert eher durchschnittlich (abseits der Marketingzahlen kann der Autofokus im Teleende Sekunden dauern)
  • Kein Sucher (Benutze ich aber eh kaum, da unpraktisch wegen der Brille)
  • Kein dreh- und schwenkbares Display (aber das Display ist in mehreren Aspekten besser als bei Sony, da größer und schwenkbarer)
  • Der Bildstabilisator kann etwas Klappern im ausgeschalteten Zustand
  • Kein elektronischer Verschluss, dafür ND Filter (wenn 1/2000 nicht reicht)

Zusammenfassung und Fazit:

Canon G3X

Obwohl die Canon technisch mittlerweile vollkommen veraltet ist, finde ich sie nach wie vor etwas attraktiver als die Sony. Wenn Canon lediglich den Prozessor gegen die aktuelle Generation tauschen würde (höhere Bildrate) und den Fokus verbessern (vor allem beschleunigen), wäre die Kamera für mich quasi perfekt. Das Fokusthema hat Sony aber auch nicht Ansatzweise im Griff, auch wenn die Tests und das Marketing das ganz anders suggerieren.

Die Lichtschwäche des Objektivs am Teleende ist sogar noch verschmerzbar.

So wie es scheint, wird es aber seitens Canon Canon kein Update mehr geben zu der G3X. Die Canon ist nur noch gebraucht erhältlich (also vom Markt genommen). Offenbar schätzt Canon den Markt zu klein ein. Dafür kommt von Canon eine Systemkamera nach der anderen auf den Markt, die bei der Zoomrange nur einen Bruchteil abdecken und dann doppelt so viel wiegen und ein paar tausend Euro kosten mit den notwendigen Objektiven.

Sony Cybershot RX10 IV

Bei der Sony habe ich öfter das Gefühl, dass sie die Leistung nicht auf die Straße bringt. Bei gleichen ISO Werten hat die Sony am Teleende oft gleiche oder manchmal sogar höhere Belichtungszeiten wie die Canon am Teleende. Die Fotos sind in der Tendenz auch heller ohne manuelle Eingriffe. Das entspricht aber nicht den realen Lichtbedingungen.

Die Sony neigt tendenziell im Freihandbetrieb eher zu Verwacklungen am Teleende bei nicht optimalem Licht. Damit haben beide Kameras zu kämpfen, die Sony aber tendenziell mehr, das auch am höheren Gewicht liegen. Und das ist bei beiden keine leichte Schwäche.

Als Beispiel: Ich habe bei Maximalzoom auf mehrere Meter Entfernung einen kleinen Text auf einer Farbspraydose am Teleende fotografiert (kleiner Fokusbereich, nicht optimale Lichtbedingungen). Ich habe in dem Szenario unter gleichen Bedingungen mit beiden Kameras 5 Fotos mit ISO 1600, 2 mit 800 und 3 mit 400 geschossen.

Die 800 / 400 ISO Fotos waren bei der Sony alle sehr verwackelt und unbrauchbar, bei der Canon noch ok aber nicht gut. Von den 1600 ISO Fotos war bei Canon eins perfekt, bei Sony keins (das beste ist auch leicht verwackelt). Bei Sony waren von den 1600er ISO Fotos zwei Totalausfälle, 3 ok, bei der Canon gab es keinen einzigen Totalausfall von allen 10 Fotos.

Kameraübergreifend

Bevor einer fragt: Ja, der Bildstabilisator war bei beiden aktiv. Der Modus war bei beiden Kameras P.

Zusammenfassend waren bei der Canon 9/10 Fotos ok, wenn auch nicht gut, 1/10 gut, bei der Sony 7/10 nicht brauchbar, da verwackelt, 3 ok, keins gut. Das waren wie gesagt Extrembedingungen mit dem Teleende und eher schlechtem Licht aber einfach kann jede Kamera.

Solche Bedingungen sind auch der Grund warum einige Leute so über Bridgekameras herziehen, die vergessen aber dabei oft, dass diese Art von Fotos von deutlich teureren Kameras nur mit absoluten Spezialobjektiven für tausende Euros und sehr viel Gewicht möglich sind.

Wenn ich 2017 der Meinung gewesen wäre, dass die Canon optimal ist, hätte ich sie damals behalten aber ich habe damals wirklich gehofft, dass es noch mal eine Version 2 mit Verbesserungen in den von mir kritisierten Bereichen gibt.

Persönliche Entscheidung und Fazit:

Einige der Negativpunkte der Canon finde ich nicht so kritisch oder sie sind auch Negativpunkte bei der Sony:

  • Der fehlende elektronische Sucher bei der Canon ist unschön, aber ich kann mit den Suchern – dank Brille – in der Regel wenig anfangen. Der in der Sony ist ohne Brille ok, mit hilft er auch kaum, da der Abstand zu groß ist und man das Bild nicht komplett sieht.
  • Die Serienbildfunktion: 24 Bilder pro Sekunde sind für mich unnötig. Ein Bereich von 12-15 ist für meine Ansprüche mehr als genug (davon deckt die Canon ca. die Hälfte ab). Den Einbruch auf 2,5 / 1,4 bei Sony finde ich auch daneben, auch wenn das selten stören wird.
  • Mit Filtern habe ich bisher selten gearbeitet – das würde aus meiner Sicht primär Sinn machen, wenn man sich dadurch den Objektivdeckel komplett sparen kann. Dass aber Staub und Fingerabdrücke überhaupt nicht haften bezweifle ich. Insofern bin ich mir nicht so sicher, ob das ein Negativpunkt ist.
  • Die Canon hatte ich 2017 schon mal und zu Hause im ruhigen Raum hat mich das Klappern des Bildstabilisators ziemlich genervt. In der Praxis ist es draußen eher nicht relevant.

Bei der Fokuszeit und auch bei der Bildstabilität war ich von der Sony eher enttäuscht. Die Sony verschenkt zu viel von ihren physischen Vorteilen, um ernsthaft Boden gegen die Canon gut zu machen. Umso erstaunlicher finde ich, dass das immerhin Version 4 der Kamera ist.

Bridgekamera oder doch Systemkamera?

Jemand hat über die Sony gesagt die kann alles aber nichts richtig. Das tritt auf Bridgekameras wohl generell zu. Sie sind nicht perfekt in der Qualität (gerade am Teleende nicht). Das können sie auch nicht sein aufgrund der physischen Limits, die aber auf Systemkameras auch zutreffen (beispielsweise sind die Objektive mit auch nur ansatzweise vergleichbaren Zoomreichweiten auch sehr lichtschwach).

Dafür geben die beiden Bridgekameras aber eine ziemlich gute Figur ab. Man muss sich aber abseits des Marketings der Hersteller der Limits bewusst sein.

Ich finde den Vergleich mit APS-C oder Vollformatsensoren auch nicht legitim. Für beide gibt es keine direkt vergleichbaren Objektive. Um die Range der Bridgekameras abzudecken braucht man mindestens 2-4 Objektive und / oder Extender (vor allem bei Vollformat Kameras). D.h. die Bridgekameras sind ein kleiner Markt für sich.

Auch ein nicht ganz perfektes Foto ist ggf. noch deutlich besser als eine verpasste Gelegenheit und die wird man mit mehreren Objektiven ständig haben, weil man oft das falsche Objektiv auf der Kamera hat. Profifotografen haben deswegen oft gleich zwei Kameras mit unterschiedlichen Objektiven dabei. Ich habe es bei der Antarktistour sehr häufig erlabt, dass die Fotografen Gelegenheiten verpasst haben, weil sie gerade das falsche Objektiv dabei hatten und das andere in der Kabine lag.

Alternativen?

Im  Bereich Bridgekameras gibt es noch zwei Kameras von Panasonic, die aber grob vergleichbar mit der Sony sind.

MFT

Die einzige Kamera, die mir aktuell einfällt, die ein vergleichbares Objektiv zu den hier gegenübergestellten Bridgekameras bietet ist die Olympus OM-1 mit 12-200mm (also 24-400mm Kleinbildequivalent Objektiv). Die Olympus OM-1 Kamera kostet mit Objektiv aber schon 3000€ und ist vergleichbar schwer wie die Sony Cybershot RX10 IV. Die Olympus OM-1 Kamera entstammt dem Micro For Thirds Standard und ist bei der Sensorgröße die nächsthöhere Stufe nach den 1″ Sensoren der Bridgekameras. Zusatzkosten wie z.B. ein Blitz kommen noch oben drauf.

APS-C

Tendenziell noch mal etwas größer sind z.B. APS-C Kameras wie die Canon R10 (die mit einem Zoomobjektiv auch schon etwas über ein kg wiegt uns dann im Optimalfall 29 – 640mm abdeckt). Für den Bereich bis 24mm oder kleiner braucht man aber ein zweites Objektiv, dass man beim Preis und Gewicht noch obendrauf rechnen darf. Mit der Kombo liegt man bei ca. 2000€.

Noch besser aber noch mal 200g schwerer ist man mit der R7 aufgestellt, die auch einen sehr guten internen Bildstabilisator bietet. Beim Preis kommen mit der R7 noch mal 500€ obendrauf. D.h. Bridgekameraalternativen sind bei vergleichbarem Funktionsumfang selbst im Vergleich zur teuren Sony noch mal ca. 500 – 1000€ teurer, schwerer und klobiger, liefern aber vermutlich auch eine bessere Qualität gerade unter schwierigen Bedingungen. Man muss sich aber bewusst machen, dass man einen guten Teil der Qualität wieder über das Objektiv verliert. Man hat aber die Möglichkeit mit einem spezialisierten Objektiv mehr aus der Kamera zu holen.

Wie ist eure Meinung zu dem Thema? Habt ihr Empfehlungen? Habe ich gute Alternativen übersehen?

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