Mehrfach gelesen:
Nein
Autor(in):
Kerstin Foell, Robert Stolle
Titel:
- PUR Das Leben ist eine Reise, kein Ziel (288 Seiten)
Gelesenes Format:
Gebundene Ausgabe
Rezension und Inhalt:
“Doch was passiert, wenn du beschließt, dein Leben radikal zu ändern?” … “Bei dieser Entscheidung helfen keine Ratschläge von Familie oder Freunden. Sie sind in ihren eigenen Konventionen und Wertvorstellungen verhaftet. Kaum einer bricht da aus. Im Gegenteil. Für die meisten ist es eine Bedrohung, zu sehen, dass jemand rauswill.”
Das Mantra des Buches ist mehr Erkenntnisse der Reise aufzuzeigen als die Reise an sich. So viel wird einem direkt am Anfang vom Buch vom Lektor erklärt. Wenn man also ein Reisebuch erwartet, bei dem die Abenteuer im Mittelpunkt stehen ist man bei dem Buch eher falsch aufgehoben. Glücklicherweise bewahrheitet sich das aber nicht vollständig.
Einer der beiden Autoren (Robert) ist krank und ich denke man muss erst selbst mal eine gravierende Krankheit gehabt haben, um nachvollziehen zu können wie sehr das die Perspektive ändert.
Viele Dinge, über die man sich täglich den Kopf zerbricht werden schlagartig vollkommen unwichtig. Man fragt sich plötzlich warum man seine Zeit überhaupt mit so vielen Banalitäten verschwendet und 10 Stunden im Büro sitzt.
“Das Leben ist reicher und lebenswerter als vor der düsteren Diagnose. Bewusstsein für die Begrenztheit der Zeit intensiviert das Erleben.”
Plötzlich lernt man Dinge zu genießen, die sonst selbstverständlich waren. Man braucht sich nicht der Illusion hingeben, dass das ein Dauerzustand ist. Sobald man doch wieder Gesund wird, oder die Krankheit wieder zurück weicht, fällt man nach einer Zeit wieder in seine normalen Muster. Aber manchmal führt eine dearartige Erkenntnis eben auch dazu, dass man sein Leben verändert.
Bei den beiden Autoren wird schnell klar, dass der finanzielle Möglichkeiten haben, die >99% der Bevölkerung nicht haben. Das ist nun nicht gerade das Optimalbeispiel für “wie macht man es im Leben”, da eben nur sehr wenige die gleiche Situation haben.
Mann kann keine neuen Ozeane entdecken, wenn man nicht den Mut hat die Küste aus den Augen zu verlieren.
Abgesehen habe ich bei den Autoren eher den Eindruck von Luxusproblemen. Beiden macht der Job Spaß, Geld ist im Überfluss vorhanden aber irgendwie haben sie beide das Gefühl den Sinn des Lebens noch nicht gefunden zu haben. Zugegeben sind in Deutschland viele Probleme Luxusprobleme. Wir kämpfen bei der Arbeit selten ums Überleben uns müssen uns auch meist keine Sorgen darüber machen, ob wir Lebend von der Arbeit kommen oder Essen auf dem Teller haben.
“Wir haben nur dieses eine Leben. Was, wenn das plötzlich vorbei ist, ohne das wir einen Bruchteil unserer Herzenswünsche in Angriff genommen haben? Es gibt unzählige Geschichten von passionierten Menschen, die viele Jahre ihren Traum vom Segeln, Motorradfahren oder Fahrradtour bis ins kleinste Detail planen und ihn dann nie verwirklichen konnten.”
Das Abenteuer in das sich die beiden dann stürzen hat es aber in sich. Sie kaufen sich ein Segelboot für eine Weltumsegelung. Nicht irgendwelchen Kleinkram, sondern ein Unikat vollgestopft mit Technik und so ziemlich alles was kaputt gehen kann, geht auch kaputt. Ob das neue Leben weniger stressig als der der Berufsalltag ist, wage ich etwas zu bezweifeln.
Aber es gibt auch bessere Zeiten, in denen Sie die Bootsfahrt vollends genießen (meistens irgendwo vor Anker). Aber wenn man Monate Traumstände und Trauminseln besucht erschöpft selbst das irgendwann. Ist das was man anfangs als Paradies empfindet auch nicht mehr toll, wenn man ständig dort ist? Genau diese Erkenntnis machen viele Reisende, wenn sie länger Reisen.
“Glücksexperten raten zu Perioden des Entzugs, um das Bewusstsein für Freuden zu schärfen. Dinge, die rar sind, schätzen wir mehr.”
Die Fotoauswahl gibt nur Meer und Wetter wieder. Wer irgendwelche schönen Traumstrände oder andere Landschaft erwartet, liegt mit diesem Buch definitiv falsch. Wenn man sich das Cover anschaut, dann kann man sich in etwa Vorstellen, was einen auf den Fotos im Buch erwartet.
Ob das Lektorat dem Buch einen gefallen getan hat, weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau. Der Abenteuerteil hat mir deutlich besser gefallen und der wäre wohl auch deutlich ausführlicher geworden ohne das “strenge” Lektorat.
Nicht selten trafen Robert und ich Aussteiger, die dachten, an ihrer Sehnsuchtsdestination sei alles besser als zu Hause. Weit gefehlt. Auch im Paradies kehr irgendwann der Alltag ein.
Nach etwa der Mitte des Buches geht das Buch vom Reisebericht oder man könnte aus Sagen von Murphys Law zum Erkenntnisteil über. Der erste Teil ist von Robert geschrieben, der zweite von Kerstin.
Im zweiten Teil dreht sich alles um Lebensweisheiten, die die Autoren an den Leser weitergeben möchten. Nimm die Dinge selbst in die Hand, sei deines Glückes Schmied, habe Mut zur Veränderung, Gib deinen Ängsten nicht nach, Now is the time und viele andere. Durchaus aber auch typisches Motivations- und Resilienzcoaching (das machen die Autoren jetzt übrigens auch beruflich).
Das ist eigentlich der Hauptfokus des Buches (zumindest lt. Vorwort – nimmt aber etwas weniger Platz ein und liest sich auch eher wie ein Sachbuch. Wenn man all die Tipps verinnerlicht hat man ggf. wirklich ein glücklicheres Leben. Ganz einfach ist das aber nicht, denn viel hängst mit einem selbst zusammen.
Fazit:
Nachdem ich nun diverse Weltreisebücher gelesen habe, bei denen auch immer mal wieder kurze Schiffsreisen vorkamen, ist der erste Teil dieses Buches eine angenehme Abwechslung, denn in diesem Buch steht die Schiffsreise im Mittelpunkt.
“Wir sollten den Mut haben, bequeme Sicherheiten und überholte Vorstellungen loszulassen und Neues anzupacken. Je mehr Sicherheit wir haben, desto unfreier und unkreativer werden wir. Wirkliches Leben gibt es vielleicht nur auf Messers Schneide.”
Bei den beiden Autoren geht auf der Reise wirklich unglaublich viel schief. Das Schiff ist eine Heimwerkerhochburg. Manche umrunden mit Schiffen gemütlich in zwei Jahren die Welt ohne auch nur Ansatzweise so viel Zeit und Geld in Reparaturen zu stecken.
Der zweite Teil des Buches ist für meinen Geschmack etwas losgelöst vom ersten Teil, denn abseits von einer recht großen Beharrlichkeit erkenne ich nur bedingt, dass die Autoren im ersten Teil all das gelebt haben, was sie im zweiten Teil der Lebensweisheiten vermitteln möchten.
Sie haben Höhen und Tiefen wie jeder Mensch. Ich habe generell den Eindruck, dass Menschen, die besondere Situationen gemeistert haben, pauschal als kompetent für derartige Bücher und Coachings angesehen werden. Weltreisende, Extremsportler und andere. Das hat vermutlich den Reiz, dass diese Menschen ggf. Dinge gemacht haben, die man sich selbst nicht trauen würde.
Allerdings gibt Kerstin im zweiten Teil auch unumwunden zu, dass viele “Erkenntnisse” auch erst nach der Reise bzw. bei der Recherche entstanden sind.
Es gibt einige Gedankenanstöße im Buch, die durchaus lesenswert sind, viele sind für meinen Geschmack aber auch sehr allgemein. Der zweite Teil Buches basiert zu guten Teilen auf Recherche. Einige der Weisheiten haben die Autoren gelebt, andere verknüpfen sie im zweiten Teil mit ihren Erlebnissen (frei nach dem Motto wir hätten so und so reagieren müssen). Bewiesen haben sie zum Beispiel Mut zur Veränderung und zwar besser heute als Morgen und sie haben sich auch eher ungeplant ihren Ängsten gestellt.
Bewertung:
4/5
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Offene Fragen / Ideen / Diskussionsstoff (Spoilerwarnung):
- Ich bin genau 20 Seiten weit gekommen, dann habe ich recherchiert was ein Boot kostet, dass sich für eine Weltumseglung eignet und wie groß das sein muss. Nachdem ich zuerst auf irgendein günstiges Boot aus Poolen gestoßen bin, kamen dann recht schnell die erwarteten Preisregionen. Nein, dass wird nie meine Reiseart. Viel zu teuer und alleine ziemlich gefährlich und sehr anstrengend.
- Ein Hostel hätte ich bei den beiden nach der Anfangsbeschreibung nicht erwartet. Allerdings ist es dann direkt danach ein Hotel, vielleicht auch nur ein Vertipper (das vermute ich).
- Ich bin ja kein Fachmann aber ich hätte mir für eine Weltumsegelung nie ein Boot gekauft, bei dem die Segel hydraulisch gesetzt werden. Handbetrieb mit optionaler elektrischer Unterstützung wäre für mich das Maximum (am liebsten nur Handbetrieb). Und ja, ich habe das geschrieben, bevor alles ausgefallen ist. 😉
- Irgendwann war doch mal von zwei Generatoren die Rede? Einer fällt aus, und nichts geht mehr. Oder war mit dem zweiten der Hauptmotor mit Lichtmaschine gemeint? Bei so viel Technik ist es recht abenteuerlich nur eine echte Option zu haben.
- Bei den ganzen Fehlern stellt man sich als Leser mitunter die Frage was die beiden überhaupt mal getestet haben, bevor sie sich darauf verlassen, dass es funktioniert.
- Die Coast Guard war ja mal richtig hilfreich bei der Ankeraktion. Aber ich hätte auch nichts anderes erwartet. Die Retten einen vom Boot, wenn es drauf ankommt aber mehr ist nicht deren Aufgabe.
- Wenn man so die Reparatur und Bastelorgie liest, fragt man sich ernsthaft, ob das bei Schiffsreisen normal ist oder die beiden extrem viel Pech hatten.
- Ein guter Teil der Probleme scheint auch daher zu kommen, dass die beiden von vermeintlichen Experten immer nur veräppelt werden.
- Ist es nicht etwas scheinheilig, wenn man für eine sehr nachhaltige Lebensweise wirbt, aber vorher 50 Jahre einem anderen Kredo gelebt hat und mit mit einer ziemlich großen Yacht über Jahre um die Welt geschippert ist? Reisen ist selten nachhaltig und für die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht Ansatzweise so denkbar, wie die wenigen Reichen (und da schließe ich mich ein) es praktizieren. Die Natur würde das überhaupt nicht aushalten.
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